EU-Parlamentarierin mit 25 Jahren: Das ist die jüngste deutsche Abgeordnete

Sabrina Repp hält eine Rede vor dem Publikum an einem mit dem Emblem des Europäischen Parlaments geschmückten Podium in Straßburg und zieht die Aufmerksamkeit der anderen auf sich, die gespannt zuhören.

Sabrina Repp ist die jüngste deutsche Abgeordnete im EU-Parlament. Im Gespräch erklärt sie, wie sie ihre ersten Monate als Abgeordnete erlebt hat und für welche Themen sie sich einsetzt.

Sabrina Repp senkt den Altersdurchschnitt von 50 Jahren im EU-Parlament. Mit 25 Jahren ist die Rostocker Sozialdemokratin lediglich halb so alt wie viele ihrer Kolleg:innen und die jüngste deutsche Abgeordnete (Frauenquote: 39%) in dem Gremium; die zweitjüngste insgesamt in der laufenden Legislaturperiode von 2024 bis 2029. „Das merkt man auch auf den Fluren, häufig werde ich nicht als Abgeordnete gelesen“, sagt Repp nach den ersten Monaten im Straßburger Parlamentsgebäude.

Trotz solcher Erfahrungen hat sie sich schnell in dem neuen Umfeld eingelebt, wie ein Treffen Ende Januar zeigt. Hinter Repp liegen die intensiven Arbeitstage der Plenarwoche: Besuchstermine, Fraktions- und Ausschusssitzungen, Arbeitsbesprechungen, Abstimmungen, Redebeiträge und alles, was sonst im Alltag einer Abgeordneten anfällt. „Da beginnt der Tag um 7 Uhr und endet häufig um 20 oder 21 Uhr“, beschreibt sie ihre Routine in Straßburg, die wie bei anderen Abgeordneten auch von „viel Dynamik“ geprägt sei. Dass sie für das Interview am Donnerstagnachmittag noch in eines der nun verwaisten Parlamentscafés einlädt, wundert so manche Kolleg:in – die meisten Abgeordneten sind da schon längst abgereist.

Ein neues Leben

Der Einzug in das Parlament hat für die Rostockerin vieles auf den Kopf gestellt. „Mit dem Wahltag verändert sich so ein Leben in großen Teilen“, sagt sie über ihre ersten Monate als Abgeordnete. Allein das Pendeln zwischen Rostock, Brüssel und Straßburg bedeute einen ganz neuen Rhythmus in Verbindung mit Strukturen, in die sie sich einfinden musste:

Man hat ganz andere Zugänge, man lernt neue Leute kennen, man beackert andere Themen – und das ist sehr, sehr schön.

Zwischen all den neuen Eindrücken habe sie lernen müssen, Bürostrukturen aufzubauen und ein fünfköpfiges Team an drei Standorten zu formen: Neben dem Wechselspiel aus Brüssel und Straßburg für die parlamentarische Arbeit betreut Repp ihre Heimatregion Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt. „Man ist als Abgeordnete nur so gut, wie das Team arbeitet und harmoniert“, so eine erste Erkenntnis. Bei ihr habe sich das mittlerweile gut eingespielt.

Junge Perspektiven im EU-Parlament

Auch wenn Repp auf den Straßburger Fluren nicht sofort als Abgeordnete erkannt wird, sieht sie ihr vergleichsweise junges Alter als Vorteil und Bereicherung. „Im EU-Parlament wird über zentrale Zukunftsthemen abgestimmt. Da ist es doch gerade toll, wenn auch junge Menschen, die noch die Auswirkungen dieser Entscheidung erfahren, in den Entscheidungsprozessen mit einbezogen werden und da ein Stück weit die Zukunft selbst mitentscheiden können“, findet sie. Das Miteinander und die verschiedenen Perspektiven auf die generationenübergreifenden Themen seien die große Stärke der parlamentarischen Demokratie; auf kommunaler ebenso wie auf EU-Ebene.

Im ländlichen Raum, den sie vertritt stünden Jung und Alt vor ähnlichen Herausforderungen, sagt Repp. Der ausgedünnte öffentliche Personennahverkehr oder fehlende Freizeitangebote beträfen alle Generationen gleichermaßen, ebenso wie die Stabilisierung des Rentensystems. Genauso könne sie als Rostockerin die strukturellen Herausforderungen ihrer Heimat nachvollziehen, auch wenn sie erst nach der Wiedervereinigung geboren ist. Das gelte in Teilen auch für das stärker industriell geprägte Sachsen-Anhalt. „Da muss man die Menschen nochmal anders mitnehmen“, weiß sie um die unterschiedlichen Ausgangslagen von Braunkohlerevier und Ostseeküste, die andere Transformationsprozesse mit sich bringen. Während Repp in ihrer Heimat großes Potenzial für erneuerbare Energien erkennt, müssten den produzierenden Unternehmen in Sachsen-Anhalt Zukunftsperspektiven aufgezeigt werden.

Einsatz für den “Ostseemotor”

Die Belange ihrer Betreuungsgebiete bringt die Politikwissenschaftlerin im Ausschuss für Regionale Entwicklung sowie im Ausschuss für Kultur und Bildung ein. „Da habe ich mit meinem Team einen guten Stand entwickelt“, sagt Repp und ist bereits den nächsten Schritt gegangen: Als Schattenberichterstatterin1Wenn das EU-Parlament einen Gesetzesvorschlag von der EU-Kommission erhält, ernennt es eine:n Berichterstatter:in als Repräsentant:in des EU-Parlaments für den Gesetzgebungsprozess durch die EU-Institutionen. Alle anderen Fraktionen ernennen Schattenberichterstatter:innen, die diesen Prozess für sie begleiten. Damit soll die Vielfalt des Parlaments abgebildet werden. zur Entwicklung ländlicher Räume und dem Erasmus-Plus-Programm begleitet sie für die S&D-Fraktion die Gesetzgebungsverfahren: „Das sind schon zwei sehr große und intensive Themen.“ Von Kolleg:innen wisse sie, dass Entwürfe teils bis zur letzten Sekunde vor der Abstimmung verhandelt würden.

Die regionale Entwicklung und die Angleichung der Lebensverhältnisse in der gesamten EU beschreibt Repp als ihre Herzensangelegenheit. Sie spricht von einer sichtbaren Spaltung zwischen Stadt und Land, Jung und Alt, Oben und Unten, West und Ost, Einheimischen und Zugezogenen. Sei es nun bei der Infrastruktur, den Einkommen und Gehältern oder wirtschaftlichen Faktoren wie der Ansiedlung von Unternehmen. „Ich sehe ein Riesenpotenzial in dem Ausschuss, weil er sehr konkret und sehr aktiv darauf hinarbeitet, dass Europa zusammenwächst“, sagt sie. In ihrer Heimat treibt sie daher auch die grenzübergreifende Ostsee-Zusammenarbeit der demokratischen Anrainerstaaten voran und strebt für die Region als „Ostseemotor“ einer Vorreiterrolle für die EU an.

Von der EU wünscht sich Repp, dass die Regionen mehr selbst entscheiden können, wie sie die Fördermittel verwenden. Die Kombination verschiedener Töpfe und eine vereinfachte Antragstellung würden ebenfalls vieles erleichtern, sagt sie. Beim Thema Erasmus-Plus möchte sie sich dafür einsetzen, dass mehr junge Menschen unabhängig von verfügbarem Geld von dem Austauschprogramm profitieren können.

Großes Betreuungsgebiet

Zuständig für zwei Bundesländer und Ansprechpartnerin für alle Anliegen, die die Menschen dort bewegen, muss sich Repp dafür auch immer wieder in neue Themen einarbeiten. Als entscheidenden Faktor dafür nennt sie Offenheit. Beispiel Landwirtschaft – eigentlich nicht ihr Schwerpunkt: „Dann sind das natürlich die Expert:innen aus ihrer Perspektive und aus ihrem Bereich, und das will ich ihnen auch gar nicht absprechen.“ Ein Dialog erfordere dann auch die Bereitschaft ihrerseits, zu sagen, wenn sie etwas nicht weiß. In ihrer Fraktion könne sie die zu klärenden Punkte mit fachkundigen Kolleg:innen abklären und etwa bei Fragen zum Freihandelsabkommen „Mercosur“ mit lateinamerikanischen Staaten die Antworten nachreichen. „Das finde ich immer besser als eine halbgare Antwort“, unterstreicht Repp und spricht von der Notwendigkeit für einen „ehrlichen Umgang“. Gleichwohl sei es wichtig, gewisse Grundkenntnisse mitzubringen und möglichst gut vorbereitet in die Termine zu gehen.

Nach den ersten Monaten im EU-Parlament zeigt sich Repp durchaus beeindruckt von der Leistungsbereitschaft des Gremiums. „Viele Abgeordnete haben gute Intentionen, wirklich etwas voranzubringen“, beschreibt sie ihre Beobachtung. Sie wollten gemeinsam die besten Lösungen finden. Repp selbst sieht sich dabei auch als Mittlerin zwischen den EU-Gremien insgesamt und der Bevölkerung. Wenn sie wie bei der Aussprache zum Thema kritische Infrastruktur noch Lob aus der Heimat für ihren Redebeitrag erhält, fühlt sie sich in dieser Rolle bestätigt: „Es hat einen Effekt, was ich sage.“ Deshalb wolle sie weitere junge Menschen motivieren, ihre Perspektiven in den Parlamenten einzubringen.

Transparenzhinweis: Das EU-Parlament hat Anreise und Aufenthalt finanziert, um die Plenarwoche vor Ort zu begleiten. Das hatte keinen Einfluss auf die Themenwahl und Berichterstattung.

Footnotes

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    Wenn das EU-Parlament einen Gesetzesvorschlag von der EU-Kommission erhält, ernennt es eine:n Berichterstatter:in als Repräsentant:in des EU-Parlaments für den Gesetzgebungsprozess durch die EU-Institutionen. Alle anderen Fraktionen ernennen Schattenberichterstatter:innen, die diesen Prozess für sie begleiten. Damit soll die Vielfalt des Parlaments abgebildet werden.

Beitrag veröffentlicht am Februar 21, 2025

Zuletzt bearbeitet am Februar 21, 2025

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