Am Wochenende haben in Hamburg bis zu 1000 Menschen demonstriert, um auf die katastrophale Situation in Afghanistan hinzuweisen. So lief die Veranstaltung ab.
Afghanistan dominiert seit zwei Wochen die Schlagzeilen. Für Sofia Fakhri ist die Situation im Heimatland ihrer Eltern dagegen allgegenwärtig. Bereits als 15-Jährige hat sie einen Verein gegründet, der die Schulbildung fördert; hauptsächlich in Afghanistan und Kenia. Bereits vor rund einem Monat hat sie sich deshalb einem Bündnis aus mehr als 40 Ständen in 17 Ländern angeschlossen, um die Solidaritäts-Demonstration an diesem Samstag in Hamburg zu organisieren.
Die gewaltsame Machtübernahme durch die Taliban, die dramatische Evakuierung, der grauenhafte Anschlag am Kabuler Flughafen haben ihrem Anliegen noch einmal zusätzliche Aktualität verschafft: Frieden für Afghanistan. „Erst diese Woche habe ich erfahren, dass zwei Mitarbeiterinnen im Rahmen eines Schulbauprojekts ums Leben gekommen sind“, erzählt Fakhri vor der Kundgebung. Zunächst seien sie durch die Taliban in der Öffentlichkeit geschlagen und später erschossen worden.
Es sind ganz unterschiedliche Emotionen, die sich im Eingangsbereich der Wandelhalle zur ersten Kundgebung einfinden. Wut, Trauer, Leid, Empörung, Enttäuschung, beschreibt die Organisatorin. Auffällig ist, dass sich zahlreiche – wenn nicht sogar mehrheitlich – Frauen einfinden, um sich Gehör zu verschaffen. Sind es doch Frauen in Afghanistan, denen unter der Terror-Herrschaft der Taliban die größten Beschränkungen eines freien Lebens drohen. Was sie jedoch eint, ist ein Gefühl der Leere, sagt die Organisatorin. Die Hände seien gebunden:
“Wir versammeln uns hier, um vielleicht noch mit letzter Hoffnung eine Stimme zu sein.”
Sofia Fakhri
Organisatorin der Afghanistan-Demonstration in Hamburg
Diese Einheit ist auch das, was sie in dieser verzweifelten Lage doch etwas hoffnungsvoll stimmt. Vielleicht entsteht doch etwas Großes daraus. Vielleicht verändert sich noch etwas zum Positiven. Zumindest hat Afghanistan an diesem Samstag eine globale Stimme – und Hamburg als Tor zur Welt beteiligt sich. Rund 400 Menschen finden sich zur Auftaktkundgebung ein.
Doch diese globale Stimme hat einen Preis: Gleich zu Beginn stellt Fakhri klar, dass rassistische oder politisch nicht korrekte Äußerungen während der Demonstration nicht gewünscht sind. Wer das nicht respektiert, soll gehen. Spontane Reden gibt es nicht, alle Beiträge wurden vorab von ihr inhaltlich geprüft. „Das ist eine Friedensdemo“, betont sie.
So verschwindet dann auch ein anti-israelisches Plakat schnell aus der Kulisse. Selbst „Pakistan raus aus Afghanistan“-Rufe eine kleinen Gruppe Männer unterbinden die Ordner schnell. Vorab hatte die Polizei noch ein Einschreiten bei strafrechtlich relevanten Äußerungen angekündigt und für den Einsatz einen Dari-Sprecher hinzugezogen. Später sprechen auch sie von einer Demonstration ohne Zwischenfälle.
„Free Afghanistan“ oder „Meine Flagge, mein Land“ ist vor allem aus den Kehlen der Frauen zu hören. Schwarz-rot-gold und schwarz-rot-grün gibt Fakhri eingangs als Parole aus – Deutschland und Afghanistan vereint. Kritik an den Nato-Truppen und dem Zurücklassen der Verbündeten in Afghanistan. Das sind die gemeinsamen Nenner. Bis sich der Zug bei einsetzendem Regen über den Jungfernstieg in Richtung Laeiszhalle in Bewegung setzt, verdoppelt sich die Teilnehmerzahl fast. Eine Stunde später zieren erneut Afghanistan-Flaggen den Hauptbahnhof – denn das Seebrücke-Bündnis hat ebenfalls zur Demonstration eingeladen. Hamburg sendet das Zeichen der Solidarität mit Afghanistan in die Welt.
Beitrag veröffentlicht am August 30, 2021
Zuletzt bearbeitet am August 30, 2021
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